Nun stehen noch die Wiederherstellung des Innenraums, eine neue Außentreppe und die Neugestaltung des unmittelbaren Umfelds dieses einzigartigen Kleinods an. Die Vorplanung ist bereits erstellt, jedoch ist die Finanzierung noch nicht gesichert.
Die 2019 begonnenen Maßnahmen konzentrierten sich zunächst auf das Dach und die ins Wanken geratene Statik. Der turmartige sechseckige Pavillon steht auf sechs Ecksäulen, die stabilisiert und in einem Fall aufwendig neu gegründet werden mussten. Dabei durfte die Funktionsfähigkeit des namensgebenden Brunnens nicht beeinträchtigt werden, den die Säulen umgeben. Auch im Gewölbe über dem offenen Brunnenraum musste mit Vernadelungen und einem von oben aufgelegten Gitter für Festigkeit gesorgt werden. Die Dachkonstruktion wurde im Bestand saniert, teils auch erneuert. Für die neue Dachdeckung kamen eigens produzierte Dachziegel zum Einsatz. Die kleinformatigen Ziegel entsprechen dem Befund auf historischen Fotos und Originalfunden im Dachraum und werden nur noch von wenigen Herstellern nach Musterkatalogen des 19. Jahrhunderts angeboten.
Mit Aufwand und Liebe zum Detail widmeten sich auch die Steinrestauratoren dem Gebäude. Die Sandsteinoberflächen wurden gereinigt und gefestigt, sie kommen nun wieder in ihrer Materialqualität zur Geltung. Abschließend wurden – mit leichter coronabedingter Verzögerung – die Fenster eingebaut.
Die Außenwirkung der Gartenarchitektur ist damit ihrem besonderen Wert entsprechend wiederhergestellt. Im nächsten Schritt soll die kleine Stube über dem Brunnengewölbe wieder eine Dielung erhalten, und die Wandflächen sind zu restaurieren. Damit der Raum künftig zugänglich ist, wird eine neue Treppe benötigt. Die bisherige Treppe stammte aus dem 20. Jahrhundert und war marode. Mangels historischer Quellen wird nun eine dezente moderne Zutat angestrebt. Auch im unmittelbaren Umfeld sind noch Veränderungen geplant – damit das Brunnenhaus als Teil des Gartens wieder besser zur Geltung kommt, soll das Bodenniveau dem historischen Zustand angenähert werden. Auch die Freitreppe zum Schloss wird so verändert, dass sie nicht mehr unmittelbar am Brunnenhaus angrenzt.
Das Brunnenhaus entstand im Zusammenhang mit dem Umbau der mittelalterlichen Bertholdsburg zum Renaissanceschloss im 16. Jahrhundert. Es spielte eine zentrale Rolle in der damaligen Gartenanlage, diente dem komfortablen Aufenhalt an erhöhter Position mit Überblick über die kunstvoll kombinierten Blumenbeete und Nutzpflanzen. Das Brunnenhaus verbindet die Funktion des Gartenaltans mit dem aus dem Mittelalter tradierten Motiv der Brunnenumbauung.
Für das Brunnenhaus von Schloss Bertholdsburg gibt es kaum Vergleichsbeispiele. Das ist nicht zuletzt dem Verlust vieler Gartenarchitekturen der Renaissancezeit in Europa zuzuschreiben, die späteren Gartengestaltungen weichen mussten oder schlicht verfielen. Doch auch zu seiner Entstehungszeit war das Schleusinger Brunnenhaus etwas Besonderes. Es steht in engem Zusammenhang mit der Gründungssage der Hennebergischen Residenz am Zusammenfluss dreier Quellen: Die Tochter der die Quellen der Flüsse Erle, Nahe und Schleuse behütenden Wassernixe soll verzaubert und von einem dort jagenden Grafen erlöst worden sein. Die Zauberformel „Sie liebe und siege“ nutzte der junge Ehemann für die von ihm in der Nähe der Quellgrotte gegründete Stadt, die er nach den Anfangsbuchstaben der Zauberformel „SLUS“ Schleusingen genannt habe.