Die Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten zeigt im Rahmen der Bundesgartenschau (BUGA) Erfurt 2021 am Hauptstandort Petersberg in Erfurt die Ausstellung „Paradiesgärten – Gartenparadiese“. Es ist die erste große Überblicksausstellung zur historischen Gartenkunst in Thüringen vom Mittelalter bis ins frühe 20. Jahrhundert. Schauplatz der Ausstellung ist die ehemalige Klosterkirche St. Peter und Paul. Der im Vorfeld der BUGA teilsanierte romanische Bau bietet der stimmungsvollen Inszenierung einen spektakulären Rahmen. Bauwerk und Ausstellung wurden heute Nachmittag im Beisein des Thüringer Ministerpräsidenten Bodo Ramelow den Medien präsentiert. Noch unklar ist derzeit, wann die Ausstellung ihre Türen für das Publikum öffnen kann.
Die Ausstellung – Gartenflair in sakralem Rahmen
Thema der Ausstellung ist die Gartenkunst, deren Epochen sich in Thüringen in außergewöhnlicher Dichte nacherleben lassen. Während im Mittelalter die Klöster bei der Förderung und Verbreitung der Gartenkultur führend waren, übernahmen die Fürstenhöfe seit der frühen Neuzeit diese Rolle. An den historischen Gärten und Parks in der Obhut der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten ist diese Entwicklung ablesbar. Gartenanlagen der Renaissance und des Barock sowie Landschaftsparks sind erhalten. Die Ausstellung vermittelt Einblicke in ihre Entstehungsgeschichte und die Ideenwelt ihrer Schöpfer und schlägt den Bogen zur Gartendenkmalpflege der Gegenwart.
Historischer Ausgangspunkt der Ausstellung ist die mittelalterliche Kultur der Klostergärten, die anhand des früheren Klosters St. Peter und Paul entwickelt wird. Das bis ins frühe 18. Jahrhundert bestehende Kloster verfügte über einen Garten im Kreuzgang, Obst-, Gemüse-, Kräuter- und Weingärten sowie einen Friedhof. Im theologischen Denken des Mittelalters waren diese Nutz- und Wandelgärten verbunden durch die Vorstellung, einen irdischen Vorgeschmack auf das Paradies zu geben.
Paradiesische Ideale prägten auch die weltlich geprägte Gartenkunst der Frühen Neuzeit, der sich der größere Teil der Ausstellung widmet. Elf Gartenparadiese in der Obhut der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten stehen im Mittelpunkt der Ausstellung. Die ausgewählten Beispiele repräsentieren rare Zeugnisse von Renaissancegärten und barocken Gestaltungen und geben Ein-blicke in herausragende Beispiele der großen Zeit der Landschaftsparks seit dem späten 18. Jahrhundert.
Die Ausstellungsarchitektur fügt sich in den früheren Sakralraum ein und inszeniert ihn. In den Seitenschiffen finden sich multimediale Darstellungen der Gartenanlagen, hinterfangen von Schattenrissdioramen, die den sinnlichen Reiz der Gärten in den Innenraum holen. Der verlorene Kreuzgang-Garten des Petersklosters als virtuelles Zentrum der Ausstellung wird als begehbarer Hortus Conclusus nahe der Vierung in den Raum übertragen. Innerhalb der Aus-stellung schirmt ein virtueller Wasserfall am Standort des einstigen Lettners die Neuzeit vom Mittelalter ab und speist einen geschwungenen Wasserlauf, der die Atmosphäre eines Gartens in die Kirche holt.
Die Ausstellung bietet einen reichen Schatz an Plänen, Dokumenten und historischen Ansichten, kenntnisreich aufbereitet in Medien- und Hörstationen und ergänzt um ausgewählte Exponate. Dahinter steht eine mehrjährige garten- und kunsthistorische Forschung, die Einzeluntersuchungen zusammenführt und auch die eine oder andere neue Entdeckung zutage förderte.
Der Schauplatz – ehemalige Klosterkirche St. Peter und Paul
Die dreischiffige Pfeilerbasilika St. Peter und Paul gehört zu den innovativsten und hochwertigsten Bauten der Romanik in Mitteldeutschland. Sie wurde von 1103 bis 1147 in horizontaler Schichtbauweise aus Großquadern errichtet. Der Bau des „Paradieses“ – der Vorkirche – und der vier Türme dauerte noch bis zur Mitte des 13. Jahrhunderts. Heute ist das Erscheinungsbild geprägt durch brachiale Eingriffe im ersten Viertel des 19. Jahrhunderts. Nachdem Türme und Dach durch Kanonenbeschuss beschädigt und angebrannt waren, baute man die Klosterkirche in ein Lagerhaus um. Trotz der Verluste an Bau-substanz ist die Kirche die größte erhaltene romanische Sakralarchitektur in Thüringen.
Mit Blick auf die BUGA erhielt die Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten 5 Millionen Euro als Sonderförderung von der Thüringer Staatskanzlei für die Teilsanierung der Peterskirche. Sie wurde 2018 bis 2021 umgesetzt.
Ein wesentlicher Schwerpunkt war die Restaurierung der Sandsteinfassaden des romanischen Bauwerks. Die aus exakt gearbeiteten Quadern errichteten Wände mussten von Schmutz, Krusten und zum Teil auch von Salzbelastungen befreit werden. Die abschließende Reinigung und Konservierung brachte die herausragende architektonische Qualität wieder zum Vorschein. Zu ihr gehört auch der bildhauerische Bauschmuck wie Lisenen, Würfel- und Rund-bogenfriese. In der Sockelzone waren die Sandsteinprofile zum Teil so stark verwittert, dass Formen ergänzt und auch Steinteile ersetzt werden mussten. Solche Bereiche wurden dann durch Retusche farblich angeglichen. Erneuert wurde auch die Entwässerung des Dachs. Spuren der Umbauten des 19. Jahr-hunderts wie etwa die rechteckige Verkleinerung von Rundbogenfenstern blieben erhalten.
Im Innenraum zielten die Maßnahmen hauptsächlich auf die Nutzbarkeit für Veranstaltungen ab. Der erste Schritt dazu war auch für die Wirkung des Denkmals von entscheidender Bedeutung. Im Mittelschiff wurde ein großer Teil des im 19. Jahrhundert eingezogenen Lagerbodens einschließlich seiner eng beieinander stehenden Holzstützen entfernt, so dass die monumentale Wirkung des früheren Kirchenraums wieder zu erahnen ist. Zum Ausgleich der erheblichen Unebenheiten und zum Schutz vor Verlusten erhielt der Bo-den einen modernen Asphaltbelag, der später rückstandsfrei wieder entfernt werden kann. Eine umfassende Erneuerung und Erweiterung der Elektro- und Sicherheits-installationen schuf die Voraussetzung dafür, dass die frühere Klosterkirche nun für Veranstaltungen genutzt werden kann.
Die Restaurierung des Innenraums steht noch aus. Bereits 2012 bis 2014 wurden im Rahmen eines Forschungsprojekts bedeutende Wandmalereien des 13. Jahrhunderts freigelegt und konserviert. Dabei wurden Methoden zur Konservierung der Innenflächen erprobt, gefördert durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt. Die Wände und Pfeiler sind zum großen Teil mit einer Kombi-nation aus Gipskrusten, Salzen und Schmutz belegt, unter der sicher noch die eine oder andere Wandmalerei verborgen liegt.
Service-Informationen zur Ausstellung
Anfangsdatum coronabedingt noch unklar
Laufzeit analog BUGA Erfurt 2021 bis 10. Oktober 2021
Öffnungszeiten: täglich 9 bis 19 Uhr
Zugang: Hauptportal an der Westfassade, barrierefreier Zugang über das nördliche Querhaus
Tickets: BUGA-Tickets (Eintritt Peterskirche inbegriffen)
Fremdsprachen: Englischsprachige Leittexte über QR-Codes auf den Ausstellungstafeln
www.thueringerschloesser.de/buga2021/
Corona-Informationen zur Ausstellung
Die Ausstellung muss – auch bei planmäßiger Öffnung der BUGA-Außenbereiche ab 23. April – als Innenbereich zunächst geschlossen bleiben. Sobald die Bestimmungen es zulassen, wird die Peterskirche mit der Ausstellung zugänglich sein. Aktuelle Informationen unter www.thueringerschloesser.de/buga2021/
Es kommen die jeweils geltenden Abstands- und Hygieneregeln zur Anwendung.
Änderungen zur begleitenden Vortragsreihe werden aktuell bekanntgegeben.
Virtueller Rundgang
Fotos
Ministerpräsident Bodo Ramelow und Stiftungsdirektorin Dr. Doris Fischer vor der Erfurter Peterskirche © Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten, Franz Nagel
Impressionen aus der Ausstellung „Paradiesgärten – Gartenparadiese“ in der ehemaligen Klosterkirche St. Peter und Paul in Erfurt © Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten, Philipp Hort