Das Refektorium – der Speise- und Versammlungsraum einer Klostergemeinschaft – war neben der Kirche häufig das Herzstück eines Klosters. Mehrmals am Tag traf sich hier die Gemeinschaft, um schweigend die Mahlzeiten einzunehmen und dabei einem Tischvorleser zu lauschen, der aus religiösen Schriften vortrug. Mittelalterliche Refektorien, so auch das von Kloster Veßra, sind für das Sichtbarwerden klösterlichen Lebens von unschätzbarem Wert.
Trotz der Auflösung des Klosters in der Reformationszeit und seiner anschließenden jahrhundertelangen Nutzung als Lager und Stall haben sich in Kloster Veßra Teile der romanischen Bausubstanz aus dem 12. Jahrhundert erhalten. Ebenfalls erhalten haben sich die spätgotische Holzbalkendecke und Teile der Wandmalereien. Zusammen mit der Küche und den Gewölbekellern bilden sie ein in Mitteldeutschland einzigartiges Ensemble, in dem sich die Arbeits- und Lebenswelt der Klostergemeinschaft widerspiegelt.
Gemeinsam haben das Hennebergische Museum Kloster Veßra und die Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten eine Nutzungsperspektive für das Refektorium entwickelt. Im Rahmen des Projekts „Refektorium. Schichten – Geschichten – Klostergeschichte“ soll das Gebäude in seinem Bestand saniert, restauriert und mit einer musealen Inszenierung der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
Die Grundidee: Der einzigartige überkommene Bestand des Refektoriums und der Küche soll in (Zeit-)schichten offengelegt werden und den Rahmen bieten, Klostergeschichte lebendig zu erzählen. Damit knüpft die geplante Nutzung an die ursprüngliche Funktion als Speise- und Versammlungsort an. Ziel des Projektes ist es das wertvolle Zeugnis zu sichern und zu beleben.
Im Refektorium soll eine lange Tafel aufgestellt werden, die medial die Bedeutung des ehemaligen Hausklosters der Grafen von Henneberg in drei Themenschwerpunkte präsentiert: „Klostergeschichte und Klostergeschichten“, „Raum- und Baugeschichten“ und „Kloster und Welt“. Displays, Hörstationen, Schubfächer mit Objekten, Klappen mit Dokumenten und Texten übernehmen die Vermittlung auf mehreren Ebenen. Im Bereich „Klostergeschichte und Klostergeschichten“ werden die Geschichte des Chorherrenstifts Veßra, das Wohnen und Wirtschaften sowie die regionale Bedeutung als Hauskloster, aber auch das Nachleben nach der Reformation aufgezeigt. Die „Raum- und Bauschichten“ spüren anhand aktueller Baubefunde der Nutzungsgeschichte des Refektoriums und der Südklausur nach. Der dritte Themenbereich „Kloster und Welt“ ermöglicht sowohl den Blick auf die Bedeutung des Klosters innerhalb der Klosterlandschaft Thüringen als auch auf die Vernetzung Kloster Veßras innerhalb des Prämonstratenserordens und die Kontakte zu anderen weltlichen und geistlichen Ak-teuren.
Im Raum der ehemaligen Klosterküche soll es um Kochen und Essen und somit um das Alltagsleben im Mittelalter gehen. Mit modernen Materialien ist die Inszenierung einer historischen Küchensituation des Mittelalters vorgesehen. Wie wurden Speisen zubereitet, welche Zutaten wurden verwendet, welche Speisevorschriften gab es im Kloster? – Dies und einiges mehr sind die leitenden Fragen in diesem Themenbereich.
Für die Umsetzung der musealen Präsentation ist eine umfassende Sanierung des Gebäudes erforderlich. Benötigt werden dafür ca. 6,8 Millionen Euro. Im Zuge der Ideenentwicklung ist eine gleichnamige Broschüre mit näheren Informationen entstanden. Sie ist kostenfrei im Hennebergischen Museum Kloster Veßra sowie bei der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten erhältlich.